Zum Hauptinhalt springen

Erneuerbare und Norddeutschland – Shell als Partner im Energiesystem

Ansprache Fabian Ziegler, Vorsitzender der Geschäftsführung Shell in Deutschland, zur Rolle von Erneuerbaren Energien und Wasserstoff in Norddeutschland beim "Digitalen Senatsempfang Wasserstoffwirtschaft" der Stadt Hamburg, 26.03.2021

Sehr geehrter Senator,
Sehr geehrte Herren Rispens und Averdung,
verehrte Damen und Herren,

Online-Formate haben ihre Vorteile. Aber sie haben auch Nachteile: Viel lieber hätte ich diese Gelegenheit genutzt, Sie, meine Damen und Herren, kennenzulernen beziehungsweise wiederzusehen. Ich hoffe, dass wir das persönliche Treffen bald nachholen dürfen.

Seit einem Monat bin ich kooptiertes Vorstandsmitglied im Erneuerbare Energien-Cluster Hamburg.

Über dieses Vertrauen freue ich mich; ebenso auf die vielen Aufgaben, die wir gemeinsam anpacken wollen.

Vielleicht ein paar Worte über mich:

Ich bin gebürtiger Schweizer. Frau Dose vom Erneuerbaren Energien-Cluster hat mich vor einer Woche interviewt und gefragt, was denn die Schweizer und Hamburger unterscheide.

Meine Antwort war, dass beide ganz ähnlich sind. Ob im Geschäftsleben oder privat: Vertrauen und persönliche Beziehung sind wichtig; Zusagen werden eingehalten.

Für die globale Shell bin ich seit 25 Jahren tätig und seit Anfang 2020 Vorsitzender der Geschäftsführung der Shell in Deutschland, eines Unternehmens also, das sich so wie unser Energiesystem im Umbruch befindet:

Bislang eine überwiegend fossil ausgerichtete Firma; inzwischen aber sind die Firma und ihre Mitarbeiter mitten im Wandel hin zu erneuerbaren und kohlenstoffarmen Energien.

Über Zwischenschritte wollen wir bis zum Jahr 2050 ein klimaneutrales Unternehmen werden.

Viele von Ihnen sind als Unternehmer oder Unternehmerin in ähnlicher Lage.
Beziehungsweise, Sie kommen vielleicht aus einem Start-Up, das sich von vornherein mit Erneuerbaren und neuen Technologien beschäftigt.

Dr. Fabian Ziegler ist Vorsitzender der Geschäftsführung, Shell Deutschland
Dr. Fabian Ziegler ist Vorsitzender der Geschäftsführung, Shell Deutschland

Wo auch immer Sie tätig sind - uns eint: Erfolgreich können wir und kann die Energiewende nur sein, wenn wir zusammenarbeiten:

  • Der Staat – auch das Bundesland - muss Anreize und Unterstützung bieten, 
  • die Wirtschaft – also wir – müssen uns transformieren und kooperieren,
  • und die Kunden müssen CO₂-ärmere Produkte schätzen lernen.

Erneuerbare und Sektorkopplung sind Eckpfeiler des Energiesystems, das wir gemeinsam anstreben.

Hamburg darf sich glücklich schätzen: Hier gibt es viele Komponenten, die wir brauchen, um etwa eine Wasserstoffwirtschaft aufzubauen.

Im Grunde kann Norddeutschland die gesamte H2-Wertschöpfungskette abdecken:

  • von der Primärenergie – vor allem Wind 
  • über Unternehmen mit Know-how zur Erzeugung,
  • Infrastruktur in Form von Leitungsnetzen,
  • bis zu den Sektoren, die Bedarf an grünem Wasserstoff haben.

Der Erneuerbare-Energien-Hamburg-Cluster hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Player unter einen Hut zu bringen.

Ich mache dabei gerne mit: Ich möchte helfen, eine Vision für das Gesamtsystem zu entwerfen. Wir müssen eine Lieferkette denken - bis zur Feinverteilung des Produkts.

Das erfordert die richtigen Rahmenbedingungen und Kraftanstrengungen.
Viele Fragen sind noch nicht gelöst. Die Voraussetzungen aber sind gut.

Herr Rispens hat mich gebeten, heute etwas über Dekarbonisierung aus der Perspektive von Shell zu berichten, etwa, welche Ziele sich unser Unternehmen gesetzt hat.

Das will ich gerne tun.

Zunächst: Deutschland ist für die weltweite Energiewende ein Eckpfeiler:

Hier gibt es Anlagenbau, Energie- und Mobilitätswirtschaft, die Technologien entwickeln können. Die Politik weiß, dass sie unterstützen muss, und die Menschen im Land sind bereit zum Mitmachen.

Auch für Shell ist Deutschland ein Schlüsselmarkt.

Im nächsten Jahr werden wir übrigens 120 Jahre Shell in Deutschland feiern;
und in dem Zusammenhang fiel mir eine kleine Broschüre der Insel Helgoland in die Hände. Gerührt hat mich darin die Geschichte eines ehemaligen Fischers, der nach Krieg und Zerstörung der Insel durch Verkauf von Shell Kraft- und Schmierstoffen zum Wiederaufbau der Insel beigetragen hat.

Ob auf Helgoland oder bundesweit: Wir sind als deutsches Unternehmen in diesem Markt verankert – und wir wollen sehr viel zu den Aufgaben beitragen, die in diesem Land vor uns liegen.

Wir haben Potenziale identifiziert und teilweise schon auf den Weg gebracht, wie wir unsere CO₂-Emissionen und die unserer Kunden um ein Drittel reduzieren bzw. kompensieren können.

Wir sprechen von einer jährlichen Reduktion um rund 30 Mio. Tonnen Kohlendioxid bis 2030.

Dies entspricht etwa einem Zehntel der für 2030 angestrebten Minderungen in Deutschland.

Die Aufgabe ist groß – aber es ist unser festes Ziel, für unsere Kunden ein ebenso kompetenter wie zuverlässiger Partner für Dekarbonisierung zu sein, dafür Technologien zu entwickeln und klimaschonendere Energien anzubieten.

Schauen wir auf das Beispiel Hamburg:

Als Zentrum im Norden für Energie, Industrie und Logistik spielt die Hansestadt eine herausgehobene Rolle: Hier müssen Unternehmen vorangehen, um die Energiewende zu stemmen. Die großen Blöcke gehören dazu – Wind und Wasserstoff – aber auch die vielen Produkte, die helfen, Effizienz zu verbessern und Energieverbrauch zu senken.

Wir als Shell entwickeln in Hamburg modernste Kraftstoffe;
wir produzieren hocheffiziente Schmierstoffe für Europa,
hier steuern wir unser Netz aus 2000 Tankstellen,
hier laufen viele Fäden zusammen für unser globales Marine-, Aviation- und Bitumengeschäft.

Und: Hier bauen wir in Deutschland den Bereich Renewables and Energy Solutions auf.

So schauen wir uns Biokraftstoffe an, darunter Bio-LNG. Außerdem Power-to-Liquid und e-Ladestationen. Dies sind Produkte übrigens für den Transport – und Beispiele dafür, dass wir unser Geschäft sektoral, das heißt, noch mehr aus Kundensicht betrachten wollen.

Der Transportkunde bezieht bei uns nicht ein Produkt, er findet Lösungen für seinen Fuhrpark, mit denen er CO₂-Emissionen reduzieren kann ...
- ... ein bisschen eine Entsprechung zur Idee des Erneuerbare-Energien-Clusters Hamburg.

Unser Technology Center in Wilhelmsburg ist das Kompetenzzentrum der weltweiten Shell Produktentwicklung – für Kraftstoffe der Zukunft, energieeffiziente Schmierstoffe sowie Innovationen im Marinebereich. Ich sehe Wilhelmsburg auch als anwendungsnahes Zentrum für Wasserstoff-Lösungen: Wie kann er in der Industrie eingesetzt werden, wie im Transport?

Hamburg braucht moderne Mobilität. So genannten Mobility Hubs kommt dabei eine wichtige Rolle zu: Zentral gelegen, in Umsteige-Nähe zum ÖPNV.

Wir wollen der Stadt ein Partner für Mobilität sein.

Hier werden wir Tankstellen als Mobility Hubs der Zukunft errichten:

Mit e-Schnell-Ladesäulen für den Autofahrer, Wasserstoff für Schwerlastverkehr, Solarpanelen, Paketstation und Shops mit nachhaltigem Angebot für die Anwohner.

Fahrer von Batterie-Fahrzeugen müssen nicht an die Tankstelle fahren. Aber sie benötigen Platz zum Stromtanken, und der ist rar in Hamburg.

Warum nicht Strom laden an Laternenmasten? Unsere Tochter Ubitricity macht dies möglich.

Wir sehen für das On-Street-Laden ebenso wie beim Laden am Arbeitsplatz oder auf öffentlichen Parkplätzen Potenzial, wie überhaupt für grüne Strom-Lösungen. Deshalb bieten wir Stromspeicher-Lösungen und sind jetzt auch auf dem virtuellen Kraftwerksgebiet tätig.

Für mich ist es wichtig, dass wir eine Vision haben. Diese Vision muss Substanz haben, und das wollen wir einer Stadt wie Hamburg bieten.

Für unsere Kunden aus Transport und Industrie sind C02-ärmere Kraftstoffe entscheidend, um ihre eigenen Ziele zu erreichen.

Denken wir an Fluggesellschaften. Deshalb wollen wir künftig nachhaltiges Kerosin produzieren; 80 % der C02-Emissionen pro Einheit können wir damit reduzieren.

Und für die Schifffahrt im Hafen prüfen wir bereits eine Wasserstoff-Tankstelle an unserem Grasbrook Lubricants Center.

Damit bin ich beim Wasserstoff. Dieses coole Molekül ist winzig, besitzt aber größte Energiedichte. Wir glauben an Wasserstoff und sind einer der Vorreiter.

In Norddeutschland gibt es viele Unternehmen, die darauf brennen, Projekte zur Herstellung umzusetzen, und Kunden, die das Produkt einsetzen wollen. Wir wollen mit ihnen zusammenarbeiten.

Aber natürlich müssen wir alle das Thema länderübergreifend denken.

Besonders nah sind uns die Niederlande. Hier ist Shell an der Entwicklung zweier bedeutsamer Projekte beteiligt – darunter North2 - , bei denen es um Elektrolyse, Logistik und Marktentwicklung geht.

Im Rheinland wollen wir – ebenfalls mit Partnern – die Kapazität unserer Wasserstoff-Pilot-Elektrolyse verzehnfachen.

In der Nordsee verfolgt ein Zusammenschluss von 32 Unternehmen, darunter Shell, das visionäre Vorhaben Aqua Ventus: 10 Gigawatt Erzeugungsleistung für grünen Wasserstoff aus Offshore-Wind.

Dann Mobilität: Für LKW und Busse sind Batterie-Antriebe schwer umsetzbar. Zusammen mit den großen Herstellern wollen wir im Projekt H2 Accelerate eine Infrastruktur für Nutzfahrzeuge mit Brennstoffzellen-Antrieb schaffen.

Das Joint Venture H2 Mobility betreibt heute 90 Wasserstoff-Tankstellen für PKW, davon fünf in Hamburg, bzw. zehn in Norddeutschland unter der Shell Marke.

Und schließlich Hamburg: Hier wollen wir – wie Sie gehört haben - gemeinsam mit Vattenfall, Mitsubishi und Hamburg Wärme eine 100-MW-Elektrolyse errichten.

Das Konsortium plant, wie wir Wasserstoff aus Wind- und Solarkraft in Moorburg erzeugen und ihn für Industrie und Transport als Alternative zu fossiler Energie anbieten können.

Das Vorhaben ist auf Unterstützung angewiesen, deshalb haben wir Fördermittel aus dem EU-Programm IPCEI beantragt.

Den Förderantrag haben wir gemeinsam mit acht weiteren lokalen Wasserstoff-Projekt-Initiativen in einer "Verbundskizze" eingereicht.

Damit ist der Green Hydrogen Hub eines der wenigen Projekte in Deutschland, das die Entwicklung einer Wertschöpfungskette beinhaltet – von der Erzeugung erneuerbarer Energie über Elektrolyse, Gasnetztransport bis hin zur Anwendung in Transport, Industrie und Luftfahrt.

Der Stadt Hamburg, besonders den Behörden für Wirtschaft sowie für Umwelt, bin ich sehr dankbar, dass sie uns bei diesem Antrag unterstützen.

Moorburg bietet spannende Potenziale: das Konsortium prüft, ob die Herstellung von grünem Wasserstoff um Import ergänzt werden kann; betrachtet PtL-Möglichkeiten; und wir wollen eine Retail-Kette entwickeln.

Das Projekt hat außerordentliche Substanz – es fußt auf technischer Expertise aller Beteiligten, es ist eingebunden in die Supply Chain in Norddeutschland.

An dieser Stelle darf ich berichten, dass wir schon mit einer Reihe von potenziellen Kunden Absichtserklärungen zum Kauf von Wasserstoff ex Moorburg vereinbart haben. Anbindung an Standort und die Kunden ist eine der Stärken unseres Konsortiums.

Wir und die Projektpartner sind überzeugt, dass wir

  • durch die Nutzung des bisherigen Kraftwerks Moorburg,
  • den Einsatz von Elektrolyseuren mit hoher Technologiereife
  • die Skaleneffekte vieler Kunden,
  • und mit entsprechender Förderung

wettbewerbsfähigen Wasserstoff anbieten können,

und ich hoffe, dass auch viele von Ihnen sich im Green Energy Hub der Stadt Hamburg einbringen können.

Vielen Dank.