
Von der europäischen Energiekrise zum nachhaltigen Energiesystem – ein grenzübergreifendes Projekt

Shell Energy
Mai 2023
Die europäische Energiekrise der vergangenen Monate hat besonders eins gezeigt: Unser Energiesystem funktioniert. Gleichzeitig ist Europa und auch Deutschland damit beschäftigt, den Umbau des Energiemarktes hin zu erneuerbaren Energien voranzutreiben – eine Herausforderung, die gelingen muss, für die aber wichtige Änderungen notwendig sind.
Trotz der Herausforderungen infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine und den resultierenden Sanktionen mit all den Verwerfungen ist es den Marktteilnehmern gelungen, die Energieversorgung zu gewährleisten. Gleichwohl hat sich gezeigt, dass der europäische Energiemarkt gerade wegen der grenzüberschreitenden Struktur funktioniert. Hier nimmt Deutschland eine Doppelrolle ein: Traditionell und gerade im Gasbereich ein Energieimportland, gehört die Bundesrepublik im Strombereich zu den Exporteuren.
„Beispielsweise wäre es 2022 ohne Stromexporte aus Deutschland in Frankreich eng geworden“, erklärt Sonja Müller-Dib, Vorsitzende der Geschäftsführung von Shell Energy Deutschland. „Im Gasbereich hat Deutschland wiederum von Lieferungen per „Reverse Flow“-Verfahren aus Frankreich profitiert – eine Win-Win-Situation für beide Seiten.“
Empfindliches Gleichgewicht: Energiesicherheit, -kosten und Klimaschutz
Insofern sind internationale Zusammenarbeit sowie grenzübergreifende Betrachtung und Entwicklung des Energiemarkts auch für Deutschland unabdingbar. Als international agierendes Energieunternehmen ist dies für Shell eine Selbstverständlichkeit. Gleichwohl ist Shell darauf bedacht, das Trilemma aus Energiesicherheit, Energiekosten und dem Übergang zu klimaschonender Energie zu managen. Genau darin besteht der Umbau, der gemeinsam und sorgsam bewerkstelligt werden muss.
So sorgt die europäische Integration des Energiemarkts dafür, dass sich die europäischen Maßnahmen zur Erreichung der Ziele für erneuerbare Energien und der deutsche Ausstieg aus fossilen Energieträgern gegenseitig bedingen. Als effektives Energieimportland profitiert Deutschland vom Zubau CO2-neutraler Energie in Europa und darüber hinaus. Gleichwohl ist das deutsche Ausstiegstempo aus fossilen Energien wesentlich für die Dekarbonisierung des europäischen Energiesystems.

CO₂-armer Wasserstoff für Europa – Baustein im Energiemarkt
Wie das konkret aussehen kann, zeigt die mittlerweile fest projektierte 200 MW Elektrolyseanlage „Holland Hydrogen 1” im Hafen von Rotterdam. Die zugehörige Pipeline-Infrastruktur wird in Zukunft mit internationalen Pipelines verbunden sein. Somit ist es kein niederländisches, sondern ein nordwest-europäisches Projekt. Gleichzeitig treibt Shell in Deutschland mit den Planungen für ein zweites REFHYNE-Projekt in Richtung einer finalen Investment-Entscheidung den Ausbau der Elektrolysekapazitäten im Shell Energy and Chemicals Park Rheinland voran. Für Shell ist der Markthochlauf von erneuerbarem und CO2-armem Wasserstoff ein grenzübergreifendes Vorhaben.
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Import erneuerbarer Energie
Die Bedeutung von Energieimporten wird von der Europäischen Kommission durch zahlreiche Partnerschaften bestätigt, sowohl für Strom als auch Wasserstoff. Im Fokus der Europäischen Union steht dabei Afrika – vor allem durch das dortige Solar-Potential.
Wenn es um Stromimporte geht, spielt die geographische Nähe eine größere Rolle als beispielsweise bei Wasserstoffimporten. Existierende Partnerschaften, wie etwa die EU-Africa Energy Partnership, können hier eine wichtige Position einnehmen. Pläne wie die zur Greece-Egypt-Interconnection (GREGY), einem Stromkabel das Ägypten und Griechenland verbinden soll, geben einen Vorgeschmack darauf, wie die beiden Kontinente hinsichtlich der Energieversorgung künftig verbunden werden könnten.

Ausbau erneuerbarer Energien: Herausforderungen für den Industriestandort Deutschland
Auf der Angebotsseite kann sich Deutschland aber nicht darauf verlassen, dass die restlichen EU-Staaten die nötige erneuerbare Energie bereitstellen. Auch Deutschland muss seinen Beitrag leisten; und das bedeutet mehr Windräder, mehr Solaranlagen und nicht zuletzt mehr Stromtrassen, um die Ziele für den Ausbau erneuerbarer Energien zu erreichen – und das viel schneller als bisher. Um das zu erreichen, sind kürzere und vereinfachte Genehmigungsverfahren ebenso wichtig wie eine bessere Ausstattung von Behörden und Gerichten.
Das gilt beispielsweise für das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH), das bereits heute an seiner Kapazitätsgrenze arbeitet. So werden 2023 nicht voruntersuchte Offshore-Wind-Flächen verauktioniert. Die Ergebnisse der Voruntersuchung müssen dem BSH zur Genehmigung inkl. einer Umweltbewertung vorgelegt werden – ein Verfahren, das sich insgesamt mehr als 18 Monate hinziehen kann. „Und dabei bleibt es nicht, denn neben der Voruntersuchung muss der Netzanschluss im Netzentwicklungsplan der Übertragungsnetzbetreiber festgelegt und realisiert werden“, berichtet Sonja Müller-Dib. „Zur Beschleunigung des BSH-Verfahrens sollte der Prozess abgespeckt und die Behörde mit mehr Ressourcen ausgestattet werden.“
Gleichzeitig darf aber auch die Abnehmerseite nicht außer Acht gelassen werden: Private und industrielle Verbraucher werden Schritt für Schritt umsteigen müssen. Shell versteht sich hier als Partner für die Dekarbonisierung. Hierzu macht Shell ein breites Angebot: von grünem Strom und Gas über EV-Charging hin zu Wasserstoff. Hier ist aber auch die Politik gefragt, zielgerichtete Investitionsanreize zu setzen, die die Kundennachfrage für den Umstieg auf erneuerbare Energien ankurbeln.
„Wenn wir auf Deutschland schauen, muss der Umbau des Energiesystems sowohl supply- als auch demand-seitig an Fahrt aufnehmen“, so Sonja Müller-Dib. „Das bedeutet einen beschleunigten Ausbau und eine steigende Kundennachfrage nach entsprechenden Produkten – all das kann durch gezielte politische Maßnahmen unterstützt werden.“